Die Möglichkeit, etwas zu lernen, beginnt damit, dass man sein Unwissen mit den Worten “Ich weiß es nicht” zugibt. […] Das Problem ist, dass Menschen kulturbedingt meinen, sie müssten kompetent wirken oder Wissen vortäuschen, auch wenn sie nichts wissen. Genau um dieses Vortäuschen geht es bei der Persönlichkeit des “Besserwissers”. Seine Identität beruht auf der Angst und dem ständigen Bedürfnis, Recht zu haben, egal ob die Rechthaberei effektiv ist. […] Um seinen Selbstwert zu retten, muss der Besserwisser die immer wiederkehrenden Fehler erklären, ohne dafür Verantwortung zu übernehmen. Da er ja immer eine richtige Lösung parat hat, kann die Ursache des Problems nur jemand anderes sein, der diese Lösung nicht richtig anwendet. […] Der Besserwisser ist kategorisch, kritisch und unverantwortlich. Er ist immer schnell dabei, den Unschuldigen zu spielen. Um sein Bild in der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten, gibt er dauernd Anweisungen. In lehrmeisterlichem Ton und in seiner Arroganz sehr von sich überzeugt, weiß er immer, was die anderen tun müssen, und spart nicht mit Kritik an jenen, die “nicht tun, was sie tun sollen”. Er meint, ihm könne keiner einen Vorwurf machen, da er ja für das Problem die geringste Verantwortung hat. […] Der Besserwisser ist ein hervorragender Zuschauer. […] Das gibt ihm große Sicherheit, denn er kann rein gar nichts tun, damit seine Mannschaft gewinnt; auch kann ihm keiner einen Vorwurf machen, wenn sein Team verliert.
Fred Kofman – Meta-Management